Die TTIP-Kritiker bestimmen die Agenda. „Das Erste“ beschäftigt sich mit TTIP in einem Themenschwerpunkt am 18. und 20. Mai und bewirbt ihn so:
TTIP, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, gerät zunehmend in die Kritik. Zu wenig Transparenz bei den Verhandlungen – das ist einer der Hauptvorwürfe der Gegner an die deutsche Politik. Und was wird passieren, wenn US-Unternehmen vor Schiedsgerichten gegen Deutschland klagen können? Wie groß die Auswirkungen sein werden und ob das angekündigte wirtschaftliche Wachstum tatsächlich eintreten wird, ist Thema zahlreicher öffentlicher Diskussionen.
Vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen würde ich mir einen anderen Ausgangspunkt für eine kritische Auseinandersetzung mit TTIP wünschen, und auch allgemein von der deutschen Debatte: Erst eine Erörterung der aktuellen Situation (wirtschaftliche und geopolitische Trends, die bisherigen WTO Verhandlungen etc) und der sich daraus ergebenden mittel- und langfristigen Herausforderungen für Deutschland und die EU. Dann eine Diskussion, a) ob TTIP, so wie es aktuell geplant ist, hilft, b) ob, die TTIP-Verhandlungen besser in eine andere Richtung gehen sollten oder c) ob anstelle von TTIP eine ganz andere Handelspolitik besser geeignet wäre, auf diese Herausforderungen zu reagieren.
TTIP ist kein Selbstzweck, und Deutschland ist keine Insel. Der Kontext von TTIP ist wichtig. TTIP sollte nicht nur für sich diskutiert werden, wie die Pressemitteilung für den Themenschwerpunkt im Ersten suggeriert. Wichtiger ist zu klären, ob TTIP die beste realistisch implementierbare Antwort auf langfristige wirtschaftliche und geopolitische Herausforderungen ist.
Spannend wären auch Alternativvorschläge zu TTIP. Wie würden denn die TTIP-Kritiker auf die wirtschaftlichen und geostrategischen Herausforderungen reagieren wollen? Dies kommt in der Debatte zu kurz. Deutschlands Agenda veröffentlichte einen solchen Beitrag von Dieter Janecek, dem wirtschaftspolitischen Sprecher von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag: Neustart für TTIP: Eine grüne Agenda für den Freihandel. Die Atlantische Initiative erstellte auch die Studie How to Save TTIP basierend auf drei Monaten Debatte mit TTIP-Gegnern, Befürwortern und Experten, die sich noch nicht abschließend festgelegt haben.
Deutschland braucht mehr grundsätzliche und strategische Debatten über langfristige Herausforderungen. Nicht nur Pro&Con Debatte über laufende und noch lange nicht abgeschlossene Verhandlungen wie TTIP.
Joerg Wolf ist Redakteur der Atlantischen Initiative. Er tweeted privat unter @transatlantic
Juni 2nd, 2015 at 02:04
Hallo Herr Wolf,
dem Beitrag von Dieter Janecek ist kaum etwas entgegen zu halten; sehr fundiert auf den Punkt gebracht. Danke!