Radicalization in the West: The Homegrown Threat

Mitchell D. Silber, Arvin Bhatt, New York Police Department, August 2007

Seit dem 11. September 2001 ist die Terror-Gefahr für den Westen gestiegen. Doch die wahre terroristische Bedrohung geht nicht von ausländischen Dschihad-Kriegern ferner Länder aus. Der Prototyp des Terroristen ist ein unscheinbarer Mensch mit gewöhnlichem Job und gehobenem Bildungsniveau. Er kommt aus der Mitte unserer westlichen Gesellschaft und durchläuft einen langwierigen Prozess der Radikalisierung, bevor er zur Tat schreitet. Zu diesem Schluss kommt das New York Police Department in einer umfangreichen vergleichenden Fallstudie, die unter anderem die Terroranschläge von Madrid, Amsterdam, London sowie von New York, Portland und North Virginia vergleicht. Alle Anschläge fanden nach 2001 statt.

Der Radikalisierungsprozess besteht laut Studie aus vier Stufen:

Prä-Radikalisierung: Auf dieser Stufe ist der potentielle Terrorist in der Regel noch nicht von radikalem Gedankengut „infiziert“. Er lebt ein normales Leben innerhalb der westlichen Gesellschaften und kommt meist aus Mittelklassefamilien, ist unter 35 und häufig Student. Einige von ihnen würden sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal als Moslem bezeichnen.

Selbstidentifikation: An dieser Stelle beginnt der Terrorist von morgen, sich von alten Gewohnheiten und dem bisherigen sozialen Umfeld zu lösen, um sich einem „puren“ islamischen Glauben („Salafi-Islam“) zu verschreiben: Auslöser für diesen religiösen Schub sind häufig persönliche oder politisch-soziale Krisen, in denen die Person besonders empfänglich für radikale Botschaften ist.

Indoktrinierung: In dieser Phase spielen Kontakte zu Gleichgesinnten, Internetpropaganda und radikale Wortführer kleinerer Aktivistengruppen eine zentrale Rolle. Der Glaube wird durch enge Kontakte zu diesen Gruppen (Moscheen, Bücherläden, Studentengruppen etc.) radikalisiert und der werdende Terrorist gelangt schließlich zu der Überzeugung, sein Glaube verlange jetzt Taten.

Dschihadisierung: In der Endphase des Radikalisierungsprozesses akzeptieren die Mitglieder dieser Kleingruppen, einen individuellen Beitrag für den Dschihad leisten zu müssen. Sie begreifen sich selbst als heilige Krieger und beginnen früher oder später, mit Hilfe der Gruppe eigene Terrorangriffe zu planen. Während die übrigen Prozessphasen mehrere Jahre dauern können, mündet die Endphase oft schon nach wenigen Monaten in den finalen Terrorakt.

Die Ergebnisse der Studie sowie das entwickelte Vier-Phasenmodell werden abschließend mit den Untersuchungen der Anschläge vom 11. September verglichen. Die Übereinstimmungen sind verblüffend. Der bedeutendste Unterschied zu den Anschlägen auf das World Trade Center: Der Einfluss bzw. die direkte Kontrolle von Al-Qaida ist nach 2001 stark zurückgegangen und bei den untersuchten Fällen eher die Ausnahme als die Regel. Hier waren fast ausschließlich „Homegrown Terrorists“ involviert. Um diesen Terroristentyp zu bekämpfen, muss man seinen Werdegang kennen. Die Studie der New Yorker Polizei liefert dazu erste Erkenntnisse.

Zusammenfassung erstellt von Eddie Hartmann (31.08.2007)