„Buy American“ – kein Problem für Europa

Lukas Posch │ 07. September 2016



PoschEU Politiker drohen, TTIP scheitern zu lassen, weil die USA an den Grundsätzen von „Buy American“ festhalten wollen. Das ist grotesk, wenn man bedenkt, dass zeitgleich an „Buy European“ gearbeitet wird. Noch grotesker, wenn man erkennt, dass „Buy American“ nicht gegen Europa gerichtet ist.

Anlässlich der Äußerungen des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel, dass TTIP aufgrund der fehlenden Kompromisse zum Scheitern verurteilt sei, bietet es sich an, einen Blick auf einen zentralen Punkt zu werfen, der seit Beginn der Verhandlungen kritisiert wurde. Die Vorgaben in den Vereinigten Staaten, bei der Auftragsvergabe durch die öffentliche Hand einheimischen Produzenten Vorteile zu gewähren. Bereits im Jahr 2013 sprach das Europäische Parlament etwa davon, dass man Ausnahmen von den Regeln des „Buy American Act“ erreichen wolle.

In den Vereinigten Staaten stießen Vorschläge der EU für Ausnahmen stets auf Widerstand. Dies scheint auf den ersten Blick inkonsequent, wenn man von der Wichtigkeit von TTIP auch für die USA ausgeht. Vielmehr handelt es sich jedoch bei den Vorschriften unter dem Oberbegriff „Buy American“ um solche, die einen komplexen Entstehungshintergrund haben und die Europa weniger Schaden zufügen, als insbesondere einige deutsche und französische Politiker aktuell verlautbaren.

Keine direkte Benachteiligung europäischer Unternehmen
Konkret besagen der „Buy American Act“ und kleinere Normen zur Inlandsbevorzugung, dass etwa Einkäufe durch Bundesbehörden der Vereinigten Staaten ab einem Gesamtwert von $3,000 substantiell vollständig aus in den USA hergestellten Bestandteilen bestehen müssen. Die kleineren Normen bestimmen etwa, was an Einkäufen, die durch Bundesmittel finanziert werden, getätigt werden darf.

Hintergrund des „Buy American Act“ ist das Ziel, in den USA befindliche Arbeitsplätze zu schützen – nicht jedoch, ausländische Produzenten zu benachteiligen. Entsprechend kommt es nicht auf die Nationalität des Unternehmens an, sondern allein darauf, dass ein Produkt in den USA hergestellt wird. Dass diese Regelung auch nach mehr als 80 Jahren seit Erlass Wirkung hat, zeigt etwa die unlängst erfolgte Auftragsvergabe durch den US-amerikanischen Eisenbahnbetreiber Amtrak an den französischen Eisenbahnhersteller Alstom, welche mehr als 750 Arbeitsplätze in den USA schaffen wird. Deutlich wird an diesem Auftrag, dass „Buy American“ keine Benachteiligung europäischer Unternehmen herbeiführt, die nicht nachvollzogen werden kann. Auch in Deutschland ist der Wunsch, hierzulande hergestellte Produkte zu erwerben, ungebrochen.

Auch außerhalb der Bundesebene bleibt Europa wettbewerbsfähig
Tatsächlich ist die Debatte um „Buy American“ auf US-amerikanischer Bundesebene hinfällig, seitdem die USA 1996 dem WTO-Übereinkommen über öffentliche Auftragsvergabe (Agreement on Government Procurement) beigetreten sind, welches auch in der EU Wirksamkeit hat. Konkret erlaubt dieses Übereinkommen keine Benachteiligung ausländischer Auftragnehmer hinsichtlich staatlicher Auftraggeber.

TTIP gegenüber skeptisch eingestellte Personen berufen sich, geht es um die von ihnen in den Raum gestellten Probleme, welche „Buy American“ europäischen Unternehmen bereiten würde, oftmals darauf, dass nur ein Teil der US-amerikanischen Auftragsvergabe überhaupt auf Bundesebene stattfinden würde. Mit dieser Aussage haben sie zunächst Recht, denn tatsächlich werden nur etwa 35% des gesamten Government Procurement, also der öffentlichen Auftragsvergabe, durch Bundesbehörden abgewickelt.

Dennoch ist ein Umkehrschluss, entsprechend welchem etwa 65% des Ausschreibungsvolumens „Buy American“ unterworfen sein solle, falsch. Ein Blick auf das WTO-Übereinkommen zeigt, dass durch dessen Annex 2 etwa Behörden von 37 Bundesstaaten der Vereinigten Staaten ebenso an den Inhalt des Abkommens gebunden sind. In lediglich 13 Bundesstaaten, denen ihre Bevölkerungsarmut gemein ist, bestehen Verhältnisse, die entfernt an die Mahnungen der TTIP-Gegner erinnern.

Alles anders in Europa?
Aus diesem Grund auf eine Bedrohung europäischer Hersteller durch „Buy American“ abzustellen hieße, zu ignorieren, dass, wie bereits dargelegt, diese Regelungen durch die Herstellung von Produkten auf US-amerikanischem Boden hinfällig sind. Dies mag zunächst nur für größere Unternehmen möglich sein, jedoch sind kleinere Unternehmen im Regelfall ohnehin durch höhere Markteintrittskosten daran gehindert, an der Auftragsvergabe in den USA teilzunehmen. Den Vordenkern von TTIP jedoch vorzuwerfen, dass durch das Abkommen grundsätzliche wirtschaftliche Sachverhalte nicht geändert würden, scheint grotesk – gleichzeitig wäre es der einzige Kritikpunkt, der im Gegensatz zu anderen Behauptungen haltbar wäre.

Abschließend sei gesagt: Auch in Europa herrscht ein ähnliches Klima, wenn es um inländischen Erwerb geht. Vergleicht man die Anteile ausländischer Auftragnehmer am gesamten Auftragsvolumen, so gehen in den USA bereits allein auf Bundesebene 4,1% des Volumens an ausländische Auftragnehmer. In Europa sind es insgesamt, also auf allen politischen Ebenen, nur 3,6%. Den Vereinigten Staaten nun Inflexibilität vorzuwerfen, kommt der Ignoranz dessen gleich, dass auch in der EU momentan daran gearbeitet wird, die öffentliche Auftragsvergabe durch eine neue Verordnung einzuschränken. Die europäische Politik täte gut daran, nicht die Richtung einzuschlagen, die sie Handelspartnern vorwirft.

Lukas Posch ist Student an der Bucerius Law School in Hamburg und engagiert sich in den Bereichen Handels- und Sicherheitspolitik in der Initiative junger Transatlantiker. Ansichten zur Politik auf beiden Seiten des Atlantiks finden sich auf seiner Internetseite .

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