Besinnung auf gemeinsame Werte durch Bildung und Austausch

Mareike Enghusen │ 11. Dezember 2012



Als ich im Jahr 2008 ein Studienjahr an der University of California plante, waren die Reaktionen meiner Kommilitonen verhalten. „Warum denn USA?“, wurde ich immer wieder skeptisch gefragt – als wäre es abwegig, in dem Land zu studieren, das die besten Universitäten und Professoren der Welt hat. Doch solche Fakten verblassen hinter den US-feindlichen Vorurteilen, die hierzulande sorgfältig gepflegt werden, in linken und akademischen Kreisen oft gar zum guten Ton gehören. Besonders eindringlich lassen sich die Ressentiments in den Foren von deutschen Online-Medien beobachten: Tagtäglich melden sich dort etliche Kommentatoren zu Wort, die die USA für jedes Unheil auf dem Planeten verantwortlich machen und selbst despotisch regierte Staaten wie Iran als Opfer des „US-Imperialismus“ verteidigen.

Selbstverständlich ist Kritik an den USA legitim. Doch die Dämonisierung des Landes mancher Kreise geht über sachliche Kritik hinaus, und die Tatsache, dass diese Dämonisierung so weit verbreitet ist, beunruhigt. Denn in einer Zeit, in der Europa – und in geringerem Maße die USA selbst – global gesehen politisch und wirtschaftlich an Gewicht verlieren, ist das transatlantische Bündnis wichtiger denn je. Und dies hat langfristig nur Bestand, wenn es von seinen Bürgern getragen wird.

Deshalb braucht es in Deutschland eine erneute Besinnung auf die gemeinsamen Werte. Bildung spielt dafür eine entscheidende Rolle. In deutschen Schulen werden meiner eigenen Erfahrung nach politische und wirtschaftliche Philosophien nicht behandelt. Für das Überleben und Gedeihen einer Demokratie ist es aber wichtig, dass ihre Konstituenten sich der Bedeutung und, ja, der Überlegenheit demokratischer Prinzipien bewusst sind. Deshalb sollte in den weiterführenden Schulen eine halbjährige Unterrichtseinheit „Politik- und Wirtschaftsphilosophie“ eingerichtet werden, die die geschichtlichen Ursprünge, Vor- und Nachteile sowie die aktuell existierenden Ausprägungen verschiedener politischer und wirtschaftlicher Organisationsformen behandelt. Dadurch würden Bewusstsein und Wertschätzung für demokratische und marktwirtschaftliche Prinzipien geschärft – sowie für die Tatsache, dass wir diese Prinzipien mit unseren europäischen und US-amerikanischen Verbündeten teilen.

Auch Universitäten bieten zahlreiche Möglichkeiten, den Fokus auf US-deutsche Gemeinsamkeiten zu richten. Die Bundesregierung könnte in Kooperation mit deutschen Universitäten Konferenzen zu außenpolitischen Themen fördern, in denen sich die Interessen beider Länder überlappen. Schließlich stehen Deutschland und die USA vor denselben globalen Herausforderungen: Wie der aufstrebenden Wirtschafts- und Militärmacht China begegnen, wie Stabilität und Demokratie im Nahen Osten fördern, wie die Verbreitung von Atombomben eindämmen? Amerikanische und deutsche Studenten könnten sich mit eigenen Lösungsvorschlägen bewerben und anschließend auf der Konferenz eine bilaterale Strategie für das jeweilige Thema ausarbeiten. Die Ergebnisse würden auf einer eigens für diese Konferenzserie eingerichteten Webseite in Deutsch und Englisch veröffentlicht.

Schließlich sollten Austauschprogramme für deutsche und amerikanische Schüler und Studenten ausgebaut werden. Denn nichts fördert gegenseitiges Verständnis und Sympathie so stark wie persönliche Erlebnisse. Und diese prägen ein Leben lang: Wer als junger Mensch in den USA positive Erfahrungen gesammelt und Kontakte geknüpft hat, kann darauf im Berufsleben zurückgreifen, bleibt dem Land emotional verbunden und kann denjenigen, die die USA auf simple Stereotype zu reduzieren suchen, kraftvolle Argumente entgegenhalten.

Mareike Enghusen hat in Göttingen, Kalifornien, Paris und Großbritannien Politik-, Nahost- und Iranwissenschaften studiert und bloggt auf Mareikes Nahost-Blog.

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