Frühstück zum US-Wahlausgang

Frank Leberecht │ 08. November 2012



„Countdown zum Weißen Haus“. Die Atlantische Initiative e.V. lud zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung anlässlich der US-Präsidentenwahl zum Wahlfrühstück ein. Zwischen 6.30 und 10.00  Uhr verfolgten am 7. November 2012 insgesamt 300 Besucher den Sieg Barack Obamas live auf deutschen und amerikanischen TV-Sendern. Bei Bagels, Muffins, Kaffee und Tee folgten Analysen und Gespräche.

Globales Medienevent

Medial weinen mit den roten, republikanischen Fox News, feiern bei dem blauen, demokratischen MSNBC, „OutFront“ sein mit Moderatorin Erin Burnett auf CNN oder live mit Anchor Craig Melvin auf NBC – die amerikanische Präsidentschaftswahl 2012 war das Politik- und Medienereignis des Jahres. Spätabends an der Westküste, nachts in New York und morgens in Berlin in der Heinrich-Böll-Stiftung.

„Ich hätte mich für keinen der Bewerber entscheiden können. Von Obamas vier Jahren bin ich etwas enttäuscht. Mitt Romney hat mich eigentlich nie als Alternative gereizt. Ihm fehlt das Charisma“, sagt eine Politikstudentin aus Österreich. Es ist kurz vor Obamas Dankesrede an seine Wähler, in der der wiedergewählte Präsident die Einheit der Vereinigten Staaten beschwört: „Wir sind eine amerikanische Familie, und wir steigen auf oder fallen gemeinsam“, sagt Obama in Chicago. Vor vier Jahren waren es noch globale Freudentränen, die in der Wahl Obamas einen möglichen Schritt zu einer gerechteren Welt sahen. Nun wird in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin-Mitte zwar erleichtert, aber auch etwas ernüchtert der Sieg Obamas registriert. „Ich freue mich über das Ergebnis, ich war eindeutig für die Demokraten. Dennoch fehlt irgendetwas. Vielleicht ist es die frühere Begeisterung. Es wird wahrscheinlich alles so weitergehen wie in den vergangenen vier Jahren“, bilanziert Philosophie-Student Jan aus Dänemark. Hoffnung oder Stillstand für die USA?

Jan ist einer der insgesamt 300 Teilnehmer, die sich zwischen 6.30 und 10 Uhr morgens in der Heinrich-Böll-Stiftung einfinden, um bei der VeranstaltungCountdown zum Weißen Haus: Sonnenaufgang und U.S.-Wahlausgang“, organisiert in Kooperation mit der Atlantischen Initiative e.V., dabei zu sein. Auf einer Leinwand läuft NBC, das Catering wartet mit Muffins, Bagels, Kaffee und Tee auf, die Sitzplätze und Stehtische sind gut besetzt. Bei Obamas Rede ebbt die Kommunikation im Saal ab, jeder will an dem vielleicht weiteren historischen Moment teilhaben. „Wir sind keine blauen und roten Staaten, wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Danke Amerika, Gott schütze die Vereinigten Staaten“, so Obama.  Das klingt gut, das ist präsidial, das wirkt versöhnend.

Land bleibt gespalten

Dennoch werden aus den „Four more years“, mit denen Obama in kürzester Zeit einen neuen Twitter-Rekord aufstellt, nicht unbedingt innovative und vereinende vier kommende Amtsjahre. Klaus Linsenmeier, Leiter des Washingtoner Büros der Heinrich-Böll-Stiftung, analysiert in einer Live-Schalte aus der amerikanischen Hauptstadt: „Auch mit dem jetzigen Wahlergebnis bleibt das Land nach wie vor gespalten.“ Innenpolitisch seien von der kommenden Administration Obamas keine großen Initiativen zu erwarten, da die Mehrheitsverhältnisse in Senat und Kongress dies nicht zuließen. „Wichtig für die generelle politische Situation in Washington ist es, wie die Republikaner als Partei auf diese Wahlniederlage reagieren. Wird Obama politischen Spielraum haben oder nicht?“, fragt Linsenmeier.

Für die gesellschaftliche und politische Zukunft der USA stellt sich innenpolitisch demnach die Frage nach Einigung und Neuanfang mit neuen zwischenparteilichen Impulsen. Für die internationale Rolle der USA und speziell für die Ausrichtung der transatlantischen Partnerschaft mit Europa sieht ein Teilnehmer der Veranstaltung Parallelen. „So können Demokraten und Republikaner nicht weitermachen. Es fehlen die wahren politischen Inhalte auf beiden Seiten“, sagt Philipp Kielbassa, der sich selbst als politisch interessierten Bürger bezeichnet. „Im alltäglichen Leben fehlt die Sensibilisierung für einander, man sollte respektvoller aber auch selbstbewusst miteinander umgehen. Und auf alle zugehen“, sagt Kielbassa und meint damit auch den amerikanisch-europäischen Austausch.

Merkel würdigt enge transatlantische Kooperation

Es ist der britische Regierungschef David Cameron, der als einer der ersten internationalen Regierungschefs US-Präsident Barack Obama zu seiner Wiederwahl gratuliert. „Herzliche Glückwünsche für meinen Freund Barack Obama“, schreibt Cameron auf Twitter. Um 9.15 Uhr MEZ gratuliert Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Sehr geehrter Herr Präsident, zu Ihrer Wiederwahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gratuliere ich Ihnen sehr herzlich. Wir haben in den vergangenen Jahren eng und freundschaftlich zusammengearbeitet. Unsere zahlreichen Begegnungen und Gespräche über alle Fragen zur Weiterentwicklung der deutsch-amerikanischen und der transatlantischen Beziehungen, (…) nicht zuletzt aber auch über die Bewältigung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, (…) schätze ich außerordentlich.“

„Die USA kümmern sich nicht mehr so intensiv um Großbritannien. Dabei gibt es doch zu Themen wie einer gemeinsamen Strategie zu Bekämpfung des Klimawandels erhebliches Potenzial“, bemerkt Besucher Geff Morriss aus dem Vereinigten Königreich. „Deutschland könnte vielleicht, auch weil es vergangenes Jahr nach Fukushima den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hat, mit den USA, die sich ja dem Kyoto-Protokoll widersetzen, neue Projekte zur Umwelt- und Energiepolitik voranbringen“, sagt ein Teilnehmer aus Deutschland zu möglichen Themenfeldern bilateraler Kooperation.

„Das Beste kommt noch“, sagt Obama in Chicago. Kommt das Beste für Deutschland, Europa und das transatlantische Verhältnis auch von Obama? Impulse müssen auch aus der deutschen Bürgergesellschaft kommen. Gemeinsam mit Ihnen will Deutschlands  Agenda dazu Vorschläge entwickeln. Schicken Sie uns Ihre Ideen und Kurzbeiträge (300-500 Wörter) per Email an redaktion(at)atlantische-initiative.org bis spätestens 25. November 2012.

Frank Leberecht ist Redakteur bei Deutschlands Agenda.

(Eindrücke eines amerikanischen Teilnehmers im Open Think Tank der Atlantischen Initiative atlantic-community.org:  „Breakfast with the President“)

Kommentarbereich geschlossen.






Außenpolitik für alle!

Die Atlantische Initiative will einen Beitrag zur Stärkung der außenpolitischen Kultur in Deutschland leisten. Mitgestaltung außenpolitischer Prozesse muss für alle möglich sein. Dafür ist es wichtig, alle Teilbereiche der Gesellschaft besser zu vernetzen. Besonders liegt uns die Förderung von Partizipationsmöglichkeiten für die junge Generation am Herzen. Um unser Motto mit Leben zu füllen, haben wir eine Reihe von Projekten entwickelt. Wir freuen uns auf Ihre Beteiligung.

Archiv