Kein Wort zum Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan

Prof. Dr. Thomas Jaeger │ 11. Januar 2012



Gastkommentar vom Politikwissenschaftler Prof. Thomas Jäger von der Uni Köln über die Rede des Bundespräsidenten zum Neujahrsempfang für das diplomatische Corps auf dem Schloß Bellevue*.

Prof. Dr. Thomas Jäger

Die Kommentare zur Neujahrsansprache des Bundespräsidenten vor dem Diplomatischen Korps waren, soweit ich sie bisher hören und lesen konnte, alle darauf fokussiert, welchen Subtext der Bundespräsident zu den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen sprechen würde. Diese beschränkte Interpretation übersieht wichtige Aussagen, die der Bundespräsident formulierte oder unterließ. Zwei möchte ich hier herausgreifen.

Als erstes fiel eine drastische Kritik der Bundesregierung auf. Nach dem Jahr des Libyen-Einsatzes formulierte er: „Unbewaffnete Bürger, auf die geschossen wird, dürfen wir nicht alleine lassen. … Gleichzeitig müssen wir aber denen entschieden entgegentreten, die internationales Recht missachten, Gewalt gegen friedliche Menschen anwenden oder sich gar terroristischer Mittel bedienen.“ Damit unterstrich und betonte der Bundespräsident in Anwesenheit des Bundesaußenministers die Kritik, die das Handeln der Bundesregierung bei den westlichen Verbündeten ausgelöst hatte.

Zweitens fiel aber auf, welche Themen nur gestreift wurden, insbesondere die internationale Verantwortung deutscher Außenpolitik. Zum Einsatz in Afghanistan fand der Bundespräsident überhaupt kein Wort. Dabei hatte gerade erst wieder eine wichtige internationale Afghanistankonferenz in Bonn stattgefunden und stehen im Engagement in Afghanistan in diesem Jahr drastische Entwicklungen bevor.

Deshalb möchte ich an die Neujahrsansprache 2010 von Bundespräsident Köhler erinnern, der sagte: „Unsere Soldatinnen und Soldaten und die Einsatzkräfte der mit uns verbündeten Nationen stehen im Auftrag der Vereinten Nationen in Afghanistan in einem schwierigen Kampf – um unserer eigenen Sicherheit und um der universalen Menschenrechte willen. Ich bin den Soldatinnen und Soldaten sowie allen Aufbauhelfern in Afghanistan dankbar für ihren Einsatz.“

Prof. Dr. Thomas Jäger lehrt Politikwissenschaft an der Universität Köln.

*Dieser Kommentar wurde zuerst am 10.01.2012 auf dem Afghanistan Blog veröffentlicht.  Das DA-Team bedankt sich sehr herzlich für die Möglichkeit zur Übernahme.

Bildquelle: Makrodepecher  / pixelio.de

1 Kommentare

  1. DRichter1 Says:

    Vielen Dank Herr Prof. Dr. Thomas Jäger
    Ihr Betrag zeigt mal wieder ganz deutlich auf, dass es im grunde niemanden Interessiert was Kameraden im Einsatz leisten müssen. Wir sind Handlanger der Politik und nur dafür gut, Ihre Interessen im Ausland durchzusetzen. Wie wir das tun und welche konsequenzen das für uns hat interessiert diese Leute nicht.
    Abschließend möchte ich noch sagen, dass ist traurig und arm!

    Glück Ab!

     






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