TTIP-Demonstranten wollen Demokratie vor Großkonzernen schützen

Joerg Wolf │ 13. November 2015



Das Berliner Institut für Protest- und Bewegungsforschung hat knapp 500 der 150.000-250.000 Teilnehmer der großen Anti-TTIP Demo am 10. Oktober nach ihren Motiven befragt und jetzt erste Ergebnisse veröffentlicht:

61 Prozent der Befragten geben an, dass sie vor allem befürchten, TTIP werde negative Auswirkungen auf die Kontrolle der Macht großer Konzerne haben. 53 Prozent befürchten besonders negative Auswirkungen auf die Demokratie. Jeweils etwas weniger als ein Drittel der Befragten sehen TTIP/ CETA insbesondere als eine Gefahr für eine gerechte globale Weltwirtschaftsordnung (30,2%) und den Umweltschutz (29,1%). Jeweils etwa ein Viertel befürchtet vor allem negative Auswirkungen in den Bereichen parlamentarische Handlungsfreiheit (26,5%), Verbraucherstandards (25,6%) und Rechtsstaatlichkeit (23,8%).

Die Autoren der Studie kommen daher zu dem Schluss, dass die Demonstrierenden nicht durch die „in der Medienberichterstattung prominenten Themen der Sozial- oder Verbraucherschutzstandards – etwa das Bild des Chlorhühnchens“ mobilisiert wurden. Vielmehr teilten sie „die grundsätzliche Befürchtung, TTIP und CETA stellten eine Gefahr für die Demokratie und die staatliche Kontrolle ökonomischer Akteure dar.“

Trotz dieser Befürchtung haben die TTIP-Demonstrierenden derzeit ein „recht hohes Vertrauen in politische Institutionen“ und „eine relativ positive Einschätzung der persönlichen Einflussmöglichkeiten auf das Handeln der Regierung.“ Die Bundesrepublik wird „mehrheitlich als funktionierendes politisches System angesehen. Anders als bei den Pediga-Demonstrationen deuten unsere Umfrageergebnisse bei der TTIP-Demonstration also nicht auf eine generelle Politikverdrossenheit hin.“

Wer sind die TTIP-Gegner?

Die TTIP-Demonstrierenden sind im Vergleich mit Teilnehmern anderer Demonstrationen relativ alt, ihr Bildungsniveau ist auffällig hoch. Sie sind auch erfahren in der Nutzung verschiedener politischer Aktionsformen. Nur ein Fünftel ist wegen TTIP das erste Mal auf der Straße. Ein Drittel hat sich zuvor an den Protesten für einen Atomausstieg beteiligt, 22 Prozent waren zuletzt gegen Pegida und deren Ableger aktiv. Auch dass mehr als zwei Drittel der Teilnehmenden nicht aus Berlin kommen, sondern z.T. weite Wege auf sich genommen haben, zeigt, dass sie bereit sind, einiges auf sich zu nehmen, um ihre Kritik an TTIP sichtbar zu machen.

Das Berliner Institut für Protest- und Bewegungsforschung hat die Studie in Kooperation mit dem Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen erstellt. Die Autoren sind: Priska Daphi (Goethe Universität Frankfurt am Main), Sebastian Haunss (Universität Bremen), Moritz Sommer (Freie Universität Berlin), Wolfgang Stuppert (Humboldt-Universität zu Berlin), Simon Teune (Technische Universität Berlin), und Sabrina Zajak (Ruhr-Universität Bochum).

Für Demokratie und gegen die Macht der Konzerne
Motive und Merkmale der Teilnehmenden der Demonstration „TTIP & CETA stoppen. Für einen gerechten Welthandel!“ am 10. Oktober in Berlin
Pressemitteilung
Vollständige Studie

Jörg Wolf ist Redakteur von und atlantic-community.org

Dieser Beitrag ist Teil unseres Projektes „TTIP Review“ auf atlantic-community.org, unserem Open Think on Foreign Policy und gefördert durch die US Botschaft Berlin. Dort finden Sie weitere englischsprachige Artikel zu TTIP und Informationen zu unserer redaktionellen Unabhängigkeit. Unsere deutschsprachigen Artikel zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft stehen hier.

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