Stärkung der westlichen Allianz zur Wiederherstellung des Kräftegleichgewichts

Oliver Krumme │ 20. Dezember 2012



Europa mangelt es bei Sicherheit und Verteidigung an Geschlossenheit. Eine veränderte globale Sicherheitsarchitektur verlangt stärkere europäische Initiativen. Europas Einfluss innerhalb der NATO und die Präsenz in strategisch wichtigen Regionen müssen gestärkt werden. China und Russland erhöhen ihre Militärbudgets. Sie könnten das globale Kräftegleichgewicht verändern. Es liegt deshalb auch an der Bundesregierung, eine transatlantische und zugleich internationale Sicherheitspolitik zu gestalten.

Die Welt gerät aus den Fugen, nicht nur im ökonomischen, sondern auch im sicherheitspolitischen Sinne. Während China und Russland ihre Verteidigungsetats massiv aufstocken, macht der Westen genau das Gegenteil. Die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise zwingt die USA und ein Großteil der europäischen NATO-Verbündeten zu einem Sparkurs mit verheerenden Auswirkungen für die Sicherheitsarchitektur des westlichen Verteidigungsbündnisses. Dies trifft Europa besonders hart, da die aktuellen Sparkurse die eigenen sicherheitspolitischen Bestrebungen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und ihre globalen Missionen erheblich tangieren. Ein schwerwiegender und vor allem verantwortungsloser Schritt, gemessen an den aktuellen und zukünftigen sicherheitspolitischen Herausforderungen.

Europas Abhängigkeit von der NATO
Aus sicherheitspolitischer Perspektive ist Europe nach wie vor stark von der NATO abhängig, trotz der ambitionierten Ansätze der GSVP. Die Pläne der EU, sich langfristig von der Dominanz der NATO zu lösen und eigene sicherheitspolitische Strukturen und Ressourcen zu entwickeln, scheiterten bislang an der Konsequenz und dem Willen der Mitgliedstaaten, an den mangelhaften zentralen Kommandostrukturen und vor allem an der fehlenden Führung. Von einer eigenständigen Sicherheitsarchitektur oder gar einer „Europa-Armee“ ist die EU weiter entfernt denn je, auch wegen der Euro-Krise.

Die NATO und die USA wissen, dass Europa auf Dauer keine unabhängigen und starken Verteidigungsstrukturen entwickeln kann, jedenfalls nichts ohne enge NATO-Einbindung. Im Hinblick auf die schmerzvollen Kürzungen der Verteidigungsetats zur allgemeinen Haushaltskonsolidierungen sollte die EU anstelle einer eigenen, gemeinsamen Sicherheitsarchitektur lieber auf eine engere Bündelung der bestehenden europäischen Streitkräfte mit den NATO-Partnern aufbauen. Mithilfe einer engeren Kooperation und einer langfristigen strategischen Neuausrichtung geopolitischer Prioritären kann die NATO mit einer verstärkten europäischen Beteiligung ihre sicherheitspolitischen Ziele durchsetzen, bevor aufsteigende Militärakteure wie China, Russland, oder sogar Indien dort aktiv werden, wo sie die NATO empfindlich stören können – wie zum Beispiel im Nahen Osten, am Horn von Afrika oder in Asien-Pazifik.

Handlungsempfehlungen
Zur Wiederherstellung des geostrategischen Kräftegleichgewichts muss Berlin für eine intensivere Einbindung der europäischen Streitkräfte in die bestehenden NATO-Streitkräfte eintreten. Konkret bedeutet dies, dass die Bundesregierung Bereitschaft und Mut signalisieren muss, auch ein europäisches Kontingent unter NATO-Mandat anzuführen.

So könnte zum Beispiel die anstehende Mali-Mission unter NATO-Mandat, aber mit ausschließlich europäischen Kräften stattfinden. Hier soll Deutschland sowohl die Kommandoführung, als auch die Koordination der zu entsendenden Sicherheitskräfte mit anderen europäischen Verbündeten leisten. Eine entsprechend permanente „NATO-Europe-Division“ (die in Deutschland dauerhaft errichtet werden könnte) kann die Koordinierung der europäischen NATO-Streitkräfte gezielter und effektiver bewerkstelligen als vom NATO-HQ in Brüssel selbst. Mit einem permanenten europäischen Militärstab, der dem Oberbefehl der NATO direkt verantwortlich ist, können deutsche Stabsoffiziere und Strategen eine entscheidende Funktion in der Durchführung europäischer NATO-Missionen tragen.

Ebenso als Beispiel könnte eine Bündelung der Marineoperationen „ EU-NAVFOR Atalanta“ und „NATO Ocean Shield“ dienen. Gemeinsam koordinierte Marinekapazitäten würden die Sicherung der Seewege und die Bekämpfung der Seepiraterie am Horn von Afrika wesentlich besser gewährleisten.

Die Bündelung und Koordinierung müssen das Hauptziel der transatlantischen Sicherheitspartnerschaft sein.

Oliver Krumme studierte Politikwissenschaften/Internationale Beziehungen in Erlangen und an  der  Diplomatischen  Akademie  Wien.  Er  ist  der  Blogautor  von  Ollys Blog.

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