Friedensnobelpreis verpflichtet

Marius Mazziotti │ 13. Dezember 2012



Sowohl die EU als auch Barack Obama erhielten den Friedensnobelpreis. Das sollte verpflichten zu Ausgestaltung einer gemeinsamen transatlantischen Sicherheitspolitik. Amerika aber schaut gen Asien und Europa kämpft lieber mit sich selbst. Eine gemeinsame Agenda für Frieden und Stabilität muss dringend neu definiert und formuliert werden.

Nur allzu gerne stürzen wir Europäer uns in Kaffeehaus ähnliche Gesprächssituationen, in denen wir scherzend darauf hinweisen, dass Barack Obama doch tatsächlich 2009 den Friedensnobelpreis bekommen hat und fragen schmähend „und was hat’s gebracht?“ Völlig schlüssig wiederum erscheint uns dann ja auch wieder, wieso unsere friedensbringende EU eben jenen verdient hat. Insgesamt scheint die bloße Tatsache, dass dieser ursprünglich so kriegszerrissene Kontinent so friedlich miteinander lebt, zur einzig legitimen Daseinsbegründung der Union geworden zu sein. Aber was ist geworden aus einst so ambitionierter Verantwortung gegenüber der Welt, sprich, über die Außengrenzen unserer Union hinweg? In den vergangenen Jahren hat sich nicht nur wenig getan, sondern wir haben das Thema zudem beinahe vollkommen ausgeblendet.

Und das, obwohl die Libyenkrise 2011 uns wieder ein Mal vor Augen geführt hat, welch immense Probleme es in der gemeinsamen strategischen Ausrichtung der EU-Mitglieder gibt. Zum einen war es scheinbar schlichtweg unmöglich, einen Konsens zu finden und zum anderen wäre jene Mission ohne die Teilhabe der USA undenkbar gewesen. Und das, obwohl man sich nach der Kosovo-Krise 1999 darauf verständigt hat, in Zukunft unabhängig von Washington für Sicherheit auf dem europäischen Kontinent und seiner direkten Nachbarschaft sorgen zu können. Ein weiterer Weckruf sollte die Ankündigung der USA sein, in Zukunft ihren Fokus verstärkt auf den asiatischen Kontinent zu verlegen.

Nicht zuletzt deshalb müssen Europas Politiker endlich diese Aufgabe in die Hand nehmen. Besonders wichtig ist es auch, diesen Dialog von Anfang an ehrlich und transparent zu führen und ein Konzept zu finden, in dem man eben jene Fortschritte bestmöglich mit den bestehenden Strukturen innerhalb der NATO verknüpfen kann, um möglichen Spannungen mit den anderen Bündnispartnern vorzubeugen. Gleichzeitig muss die Wichtigkeit den Bürgerinnen und Bürgern erklärt werden, die besonders seit Beginn der Eurokrise zusätzlichen Souveränitätsverlusten skeptisch gegenüberstehen.

„Smart Defense“ braucht Ausgestaltung
Da es sehr wahrscheinlich ist, dass die momentanen und angekündigten Sparmaßnahmen in der EU die militärischen Kapazitäten der Mitgliedsstaaten in den kommenden Jahren enorm treffen werden, kann diese Aufgabe nicht weiter aufgeschoben werden. Es ist von äußerster Dringlichkeit, ein funktionierendes  Smart Defense-Konzept zu formulieren, welches die bestmöglichen Synergien zwischen den nationalen Truppen und Rüstungsgütern ermöglicht. Denn heute kommen wir in der EU mit ca. 1/3 der Militärausgaben Washingtons auf gerade einmal einen Bruchteil der Effizienz. Durch die strategische Neuausrichtung Amerikas ist es wichtig, dass wir ihnen hier in Europa entgegenkommen. Die schwindende Militärpräsenz muss durch europäische Initiativen kompensiert werden. Und um Unstimmigkeiten von vorneherein bestmöglich zu minimieren, muss eine enge Absprache mit Washington erfolgen. Dennoch muss Europa gefestigte Positionen formulieren, um die USA, welche exklusiv europäischen Initiativen aus Furcht um die Gesamtkohärenz der NATO traditionell skeptisch gegenübersteht, von der Dringlichkeit zu überzeugen. Beide, die EU und der Präsident der Vereinigten Staaten, sind Träger des Friedensnobelpreises. Daher ist es auch für beide eine Pflicht, die daraus resultierenden Verantwortungen zu erkennen und eine gemeinsame und entschiedene Agenda für Frieden und Stabilität über ihre Grenzen hinaus zu formulieren.

Marius Mazziotti ist Junior-Honours Candidate für den Master of Arts in Politics & International Relations an der University of Aberdeen und Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung. Er ist Mitglied der Deutschen Atlantischen Gesellschaft und der Jungen DGAP.

2 Kommentare

  1. Michael G. Says:

    Der Autor hat Recht. Wir brauchen eine „gemeinsame Agenda für Frieden und Stabilität“.
    Nicht nur theoretisch, nicht nur in der Diskussion. Nein – Worten müssen Taten folgen.
    „Europas Politiker (müssen) endlich diese Aufgabe in die Hand nehmen“.
    Auch was Transparenz- und Dialogfähigkeit angeht, so stimme ich mit dem Autor überein. Diese Themen werden schon zu lange nur angesprochen.

    Dennoch kann ich mit einigen Thesen nicht konform gehen. Warum kann Frieden und Stabilität nur durch eine transatlantische Sicherheitspolitik definiert werden? Was ist mit all den anderen Erdteilen auf diesem Globus? Warum nicht global(isierter) denken und auch andere Kontinente, wie Afrika, Asien oder Australien in solche Architekturen einbinden?
    Die Frage bei solchen Plänen, die man sich meiner Meinung nach stellen sollte ist, auf welchem Fundament denn eine Vereinigung diesen Kalibers zu stehen hätte. Für eine Agenda dieser Sorte müsste man wohl eine ziemlich feste Basis wählen um langfristig Erfolge feiern zu können.
    Vielleicht könnte man sich vorstellen eine solche Politik mit der Voraussetzung von gemeinsamen Werten zu gestalten.
    Der Ansatz des Autors, hierfür Analogien im Friedensnobelpreis und daraus eine imaginäre Verantwortung zu definieren, ist eine sehr gute Idee. Doch drückt der Friedensnobelpreis gemeinsame Wertevorstellungen aus? Ich behaupte nein.
    Denn: Solange auf Helgoland (stellvertretend für ganz Europa) kein Gefängnis wie auf Guantanamo Bay steht,(wo wir dann ohne Rechtsstaatlichkeit und Transparenz alles wegschließen, was uns nicht gefällt) sind die Wertevorstellungen von Amerika und Europa nicht miteinander kompatibel.
    Es lassen sich hier sicher diverse Gegenbeispiele formulieren, die eben jene besagte Wertegemeinschaft unterstreichen, auch ich selbst könnte dies tun. Aber diese Einrichtung möchte ich nur symbolhaft hier ins Spiel bringen um auszudrücken, worum es geht:
    Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt werden. Die Gerechtigkeit muss gewahrt werden. Die Rechtsstaatlichkeit (und damit ein inkrementeller Bestandteil der Machtausübung) muss auf gewissen Normen fußen, die es zu erhalten gilt. Und eben hier kommen Europa und die USA noch nicht zusammen.
    Einer der beiden Mitspieler muss dich da wohl bewegen, um gemeinsam Politik machen zu können. Ob jetzt Europa ein Gefängnis baut oder ob die USA ihres schließen… nun gut… was soll ich sagen was da wohl vom gesunden Menschenverstand (der breiten Masse) her logischer wäre. Aber bei solchen Themen geht es zuweilen nicht um Logik, sondern um Ideologien.

    Ich kann nur ein paar Vorschläge dafür bringen, was Europa zur gemeinsamen Wertefindung beitragen könnte, denn ich bin kein Amerikaner.

    „(…) welch immense Probleme es in der gemeinsamen strategischen Ausrichtung der EU-Mitglieder gibt.“
    - sicher die gibt es – und warum? Weil jedes Land in Europa kulturbedingt eigene nationalstaatliche Außenpolitische Interessen hat… whats the point? Soll man das wegdiskutieren?
    Gerade wenn der Autor hier die Lybienkrise 2011 anspricht, so sollte gesagt sein, dass die Krieg in Lybien Völkerrechtswidrig war. Hier jetzt über völkerrechtliches Gewohnheitsrecht zu diskutieren kann man sich hoffentlich ersparen. Gaddafi war jedenfalls ein neuer Hitler.
    Einige Länder Europas haben das wohl nicht so gesehen und sind in den Krieg eingestiegen aber so what? Nur weil Italien sagt der Krieg ist okay, muss das nicht heißen dass ich ihn okay finde.
    Hier sollten sich die Länder mehr gegenseitigen Spielraum einräumen.

    „(…)bestmöglich mit den bestehenden Strukturen innerhalb der NATO verknüpfen(…)“
    - Um möglichen Spannungen vorzubeugen? Von welchen Spannungen wird hier gesprochen? Innereuropäische Konflikte? Richtige Kriege? come on…
    Die NATO wird für solch eine Agenda nicht benötigt. Sie kann als militärischer Arm (was durchaus wichtig ist und gebraucht wird) über diverse Kontrakte als Erfüllungsgehilfe definiert werden. Dem Militär sollte keine allzu große Politische Dimension eingeräumt werden. Das Militär ist das, was es ist – nicht mehr und nicht weniger.

    „Denn heute kommen wir in der EU mit ca. 1/3 der Militärausgaben Washingtons“
    - Gegenfrage: Brauchen wir hier in Europa denn ein derart großes Budget wie Washington.
    Nur mal laut gedacht (ich bin pragmantisch)… Stellen Sie sich vor wir investieren in unsere Bildung&Forschung auch nur annähernd soviel Geld wie in das Militär… ich schätze in 200 Jahren bräuchten wir das Militär dann um andere Planeten zu verteidigen, aber nicht mehr um unsere unsere „Mutterwelt“ zu „bearbeiten“.

    Viele Baustellen, viele Diskussionspunkte, aber die Richtung stimmt…
    Ich bete dafür, dass wir kein Gefängnis bauen.

  2. Michael G. Says:

    KORREKTUR:
    „Gaddafi war jedenfalls ein neuer Hitler.“

    -> Gaddafi war jedenfalls KEIN neuer Hitler.






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