Atomstreit zwischen Israel und Iran: Gefährliches Kriegsgerede

Prof. Dr. Volker Perthes │ 28. September 2012



Wenn alle vom Krieg reden . . . ; . . . genügt ein Funke, und er bricht aus. Warum die Drohungen aus Israel gegen Iran so gefährlich sind

Wahrscheinlich wollen nur wenige wirklich eine neue kriegerische Auseinandersetzung im Nahen und Mittleren Osten. Aber so viel Gerede von einem unmittelbar bevorstehenden Krieg gab es lang nicht mehr. Seit mehr als einem Jahr nun versetzen fast tägliche Warnungen und Drohungen aus Israel, einen Militärschlag gegen Iran und dessen Atomanlagen zu führen, und iranische Drohungen mit Gegenschlägen, die, je nach Geschmack des Sprechers, ein Drittel der Israelis obdachlos machen oder gar zum Ende des „zionistischen Regimes“ führen würden, die regionale und internationale Politik in Unruhe. Manöver und Waffendemonstrationen sollen Kriegsbereitschaft demonstrieren. Amerikanische, britische und französische Marineverbände führen derzeit zusammen mit Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und anderen das bislang größte Marinemanöver im Persischen Golf durch. Iran hat für den kommenden Monat die größte Luftabwehrübung in seiner Geschichte angekündigt.

Dies mischt sich mit israelischen Meldungen, dass auch arabische Golfmonarchien Israel zu einem Angriff auf Iran ermutigten, mit öffentlichen amerikanischen Warnungen an die Adresse Israels, nicht einseitig und übereilt zu handeln, oder mit Erklärungen des israelischen Ministerpräsidenten, in denen er Amerika das moralische Recht abspricht, sein Land von einem Militärschlag abzuhalten. In der anhaltenden medialen und politischen Diskussion darüber, wann, unter welchen Umständen und mit welchen Reaktionen und Folgen ein israelischer Angriff zu erwarten sei, geht es kaum noch um Kriegsvermeidung sondern vornehmlich darum, wie der Beginn eines Krieges sich hinausschieben lässt, zunächst einmal bis hinter die US-Präsidentschaftswahlen. Selbst bei den Atomverhandlungen, die USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland (die „3 plus 3“) mit Iran führen, schien es zuletzt nicht so sehr um Lösungen für den eigentlichen Atomstreit, sondern um Kriegsausbruchverzögerung zu gehen.

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Deutschlands digitale Botschaft: Das Auswärtige Amt bei Facebook

Redaktion │ 25. September 2012



Die Zahl der Fans deutscher Außenpolitik wächst! Die neue Facebook-Seite des Auswärtigen Amtes (AA) hat mittlerweile die Marke von 2.000 Fans überschritten. Neben den diplomatischen Vertretungen in fast allen Staaten der Erde zeigt Deutschland nach Twitter nun mit einer weiteren digitalen Botschaft Flagge im Web 2.0.

Da in Politik, Fachwelt, Presse, Blogs und auch hier auf Deutschlands Agenda immer wieder „mehr Debatte“ über deutsche Außen- Europa- und Sicherheitspolitik gefordert wurde, ist die Eröffnung der neuen Facebook-Botschaft des AA ein wichtiger Schritt dahin.

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Welches Europa? Weniger kann mehr sein!

Franziska Brantner │ 21. September 2012



Mehr Europa. Konservative, Sozialdemokraten, Liberale und Grüne scheinen sich einig zu sein, dass so die Antwort auf Europas Finanz- und Schuldenkrise lauten muss. Wir brauchen in der Tat mehr Europa, wenn wir den Euro krisenfest machen wollen. Die spannende Frage bleibt das Wie. Mit anderen Worten: Wie viel wollen wir von welchem Europa?

Vertrauenskrise ist hausgemacht

Die schwere Vertrauenskrise Europas ist hausgemacht. Die große Mehrheit der Menschen auf unserem Kontinent ist offen für die europäische Idee – es ist die praktische Umsetzung des Ideals, von der sie sich zunehmend abwenden. So befürworten beispielsweise fast 90 Prozent der Europäerinnen und Europäer, dass die EU-Staaten enger zusammenarbeiten sollten, um die Finanz- und Wirtschaftskrise zu bewältigen. Gleichzeitig haben aber nicht einmal 30 Prozent der EU-Bürger ein positives Bild von der Europäischen Union. Wie passt das zusammen?

Ein besseres Europa

Es könnte daran liegen, dass nahezu zwei Drittel der Menschen der Meinung sind, dass ihre Stimme in der EU nicht gehört wird. Den Leuten schlicht mehr Europa zu versprechen, würde das Vertrauensproblem also nicht lösen. Die Menschen sehnen sich nicht einfach nach mehr oder weniger Europa, sondern nach einem besseren Europa. Und sie wollen selbst mitentscheiden können, was „besser“ für sie bedeutet.

Die Befürworterinnen und Befürworter des europäischen Einigungsprozesses haben es bisher nicht geschafft, auf diese Gefühlslage zu reagieren. Zu reflexartig wird stets nach mehr Europa gerufen und wird Kritik an real existierenden Problemen als anti-europäische Fundamentalkritik vom Tisch gewischt.

Bevor sie mehr Europa fordern, müssen die Pro-Europäer sagen, wie die Bürgerinnen und Bürger Herr und Frau des Verfahrens bleiben können. Das großartige Projekt, die EU endlich zu einer wahren Wirtschaftsunion zu machen, nach mehr als fünf Jahrzehnten endlich den Schritt zur echten politischen Union zu wagen – dieses Projekt wird nur erfolgreich sein, wenn sich die Bürger als Teil des Prozesses verstehen.

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MEADS für deutsche Außenpolitik nutzbar machen

Florian Knaack │ 18. September 2012



Die weitere deutsche Beteiligung an der Entwicklung des Raketenabwehrprojekts MEADS (Medium Extended Air Defense System) ist umstritten. Zu teuer bei nur geringfügigen Vorteilen gegenüber dem Vorgängersystem Patriot und die angelaufene, ebenfalls kostenintensive Strukturreform der Bundeswehr genießt bei vielen Bundestagsabgeordneten eine höhere Priorität. Auch ist die weitere finanzielle Beteiligung der USA durch die finanzielle Blockade im US-Kongress ungewiss und stellt somit Wasser auf die Mühlen der Kritiker dar. Übersehen wird in der Debatte der langfristige außenpolitische Mehrwert für Berlin in einer treibenden Rolle zur Gewährleistung der Entwicklung des Projektes.

Deutschlands Image als sicherheitspolitischer Partner verbessern

Wie beinahe jede größere Rüstungsinvestition wird auch um die deutsche Beteiligung an der mit Italien und den USA betriebenen Entwicklung des Raketenabwehrprojektes kontrovers diskutiert; auch in der Regierungskoalition. CDU und CSU wollen an dem letzten großen transatlantischen Rüstungsprojekt festhalten, mit der Begründung, dass bereits seit 1995 in das Projekt investiert wird. Die FDP hingegen hält an Ihrer Haltung für einen Rückzug Deutschlands aus dem Projekt fest, da so Gelder für die Reform der Bundeswehr verwendet werden könnten. Zudem genieße das Projekt in den USA, der größte Geldgeber nach deren Rückzugserklärung aus der MEADS-Entwicklung im letzten, keine Priorität mehr

Beide Argumente lassen den Aspekt der internationalen Verpflichtungen außer Acht: Denn der Abseitsposition, in die sich Berlin nach dem reichlich missglückten Agieren im UN-Weltsicherheitsrat während der Libyen-Krise manövriert hat, wurde im Bereich der Sicherheitspolitik bislang kaum etwas Nennenswertes entgegengesetzt. Ist Deutschland beispielsweise bei der Eurorettung ohne Zweifel ein unverzichtbarer und finanziell belastbarer Stützpfeiler, haftet Berlin in Fragen der Sicherheitspolitik nach wie vor der Ruf eines unadventurous eagle an. Wenn schon bezweifelt werden darf, dass Deutschland die Rolle eines global leaders allein wegen seines Geldbeutels und seiner Wirtschaftskraft zugesprochen werden darf, wird Berlin diesem Anspruch umso weniger gerecht, wenn nun auch der Geldbeutel schwächelt. Signale, die die Bereitschaft zum unilateralen Ausstieg Deutschlands aus der Entwicklung von MEADS verkünden, könnten das Image des „unandventurous eagle“ noch um das des „avaricious eagle“ erweitern. Keinesfalls sollte über die Fortführung des deutschen Beitrages von 25,2% (USA 58,1%, Italien 16,7%) an der MEADS-Entwicklung bis 2013 leichtfertig entschieden werden. Aber ob es sich lohnt, in das letzte große transatlantische Rüstungsprojekt, wie vertraglich vereinbart, bis 2013 zu investieren, sollte doch wohl durchdacht werden. Insbesondere wenn neben den technischen Vorteilen von MEADS auch die Debatte in Washington und Rom berücksichtigt wird.

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Eine gesamteuropäische Friedensordnung: Russland, Mittelosteuropa und Deutschland

Karsten D. Voigt │ 12. September 2012



Eine gesamteuropäische Friedensordnung setzt voraus, dass Russland in Europa integriert ist. Russland und seine westlichen Nachbarn müssen sich voreinander sicher fühlen. Statt sich gegenseitig zu fürchten, sollten sie gemeinsam auf neue Bedrohungen ihrer Sicherheit reagieren. Berlin sollte sich für eine Verbesserung dieser bilateralen Beziehungen einsetzen, dann verringern sich auch die Vorbehalte gegen eine Vertiefung der deutsch-russischen Zusammenarbeit.

Schritte in Richtung auf eine gesamteuropäische Friedensordnung sind nur dann realistisch, wenn sie nicht nur den Interessen einiger größerer Staaten, sondern auch denen der meisten kleineren Staaten entsprechen. Eine dauerhaft stabile Friedensordnung lässt sich in Europa nur entwickeln, wenn größere und kleinere Staaten zum wechselseitigen Ausgleich ihrer Interessen bereit sind.

Die Erinnerung an einstige Bedrohung und Dominanz ist in kleineren Staaten lebendiger als in den größeren Nationen: Deshalb sind größere Länder wie Russland und Deutschland klug beraten, wenn sie mit ihren kleineren und mittelgroßen Nachbarn zu einem Dialog über die unterschiedliche Sicht auf die Vergangenheit bereit sind. Diese Gespräche sind schwierig und schmerzhaft. Er wird selbst unter heute befreundeten Nachbarn nicht zu einer völlig gleichen Sichtweise führen. Dies ist auch nicht erforderlich. Man braucht die Geschichtsbilder seiner Nachbarn nicht zu teilen. Aber die Zusammenarbeit zwischen Nachbarn wird  erleichtert, wenn man versucht, ihre unterschiedlichen historischen Erinnerungen zu verstehen.

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Deutschland, der Westen und der Arabische Frühling

Mareike Enghusen │ 04. September 2012



Die arabischen Aufstände haben den Westen überrumpelt. Bei der Suche nach Antworten lauern moralische und strategische Dilemmas. Für Deutschland wichtig: realistische Bewertung der Chancen und Risiken, Kooperation mit den westlichen Verbündeten.

Die arabischen Aufstände überraschten selbst Fachleute. Weil das Erwachen einer Region, die jahrzehntelang in politischer Apathie versunken schien, so plötzlich kam, tat sich der Westen bei der Suche nach passenden Antworten erst schwer. Nach dem anfänglichen Schlingerkurs beeilten sich Europäer wie Amerikaner, die arabischen Demonstranten zu unterstützen – teils verbal, teils materiell und militärisch. Damit ergeben sich mehrere Dilemmas.


Dilemma eins: Freie Wahlen führen nicht automatisch zu freien Gesellschaften

In der öffentlichen Diskussion in Europa wurde anfangs vorausgesetzt, dass die arabischen Demonstranten für dieselben Werte kämpfen, die wir im Westen für erstrebenswert halten. Bezeichnend für diese Haltung war ein Interview des deutschen Außenministers Guido Westerwelle im Februar 2011: „Die Bundesregierung ergreift Partei für Demokratie, Menschen- und Bürgerrechte“, sagte er da, und: „Wir wollen nicht, dass Fundamentalisten, Extremisten und religiöse Radikale am Ende die Profiteure der Freiheitsbewegung in Ägypten werden.“ Er sah zwischen beiden Zielen keinen Widerspruch. Den aber gibt es: Im konservativen Ägypten sind Gleichberechtigung von Frauen und Minderheiten oder die Trennung von Staat und Religion keine Selbstverständlichkeit. Bei den ägyptischen Parlamentswahlen errangen islamistische Parteien fast 70 Prozent der Stimmen, in Tunesien wurden sie mit 41 Prozent die stärkste Kraft. In beiden Ländern wurden seitdem mit religiöser Rechtfertigung Frauenrechte und Pressefreiheit beschnitten.

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Außenpolitik für alle!

Die Atlantische Initiative will einen Beitrag zur Stärkung der außenpolitischen Kultur in Deutschland leisten. Mitgestaltung außenpolitischer Prozesse muss für alle möglich sein. Dafür ist es wichtig, alle Teilbereiche der Gesellschaft besser zu vernetzen. Besonders liegt uns die Förderung von Partizipationsmöglichkeiten für die junge Generation am Herzen. Um unser Motto mit Leben zu füllen, haben wir eine Reihe von Projekten entwickelt. Wir freuen uns auf Ihre Beteiligung.

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