Blogschau: Iran

Redaktion │ 01. März 2012



Die deutschsprachige Blogosphere steht einem möglichen Iran-Krieg eher kritisch gegenüber. Auf seinem Flatworld Blog für Die Welt erklärt Clemens Wergin warum sich der Bericht der IAEA und die Aussagen der US Geheimdienste nicht widersprechen, während Günther Vetter auf Karpfenteich an der Rechtfertigung eines israelischen Präventivschlags zweifelt. Michael Pharos wägt auf dem Middle East Blog die Konsequenzen eines nuklear bewaffneten Iran mit den Opfern eines Krieges ab. Und Akademie Integra veröffentlichte die Forderung der „Kooperation für Frieden“ nach einem Stopp der Sanktionen und Kriegsdrohungen. 

Clemens Wergin diskutiert auf Flatworld den Bericht der IAEA und der New York Times. Während der IAEA Bericht erklärt, daß Iran sich mit großen Schritten der Anreicherung von waffenfähigen Uran annähert, gab die Times Stimmen der US Geheimdienste wieder, die nicht glauben, daß das iranische Regime bereits den Befehl zum Bau einer Atombombe gegeben hätte. Wergin erklärt, daß sich die Meldungen nicht widersprechen würden. Die Times habe lediglich wiedergegeben, was viele Experten denken: der Iran habe noch keinen „Break-out“ gewagt. Der IAEA Bericht wiederum bestätigt nur die Befürchtungen, daß das Regime sich stetig einer Konstruktion eines Sprengkopfes annähert. Wergin fragt sich auch, wie weit die Geheimdienste wirklich über die Vorgänge im Iran informiert sein können.

Günther Vetter stellt auf dem Blog Karpfenteich strategische Überlegungen zu einem Iran Krieg an. Obwohl er Israels Angst vor einem Angriff des Irans verstehe, müsse die Netanyahu Regierung sehr gute Gründe für einen Erstschlag darlegen können. Dies um so mehr, da der amerikanische Geheimdienst weiterhin an einem iranischen Atomwaffenprogramm zweifelt. Das Regime lasse sich die Möglichkeit offen, würde momentan aber keine Atombombe bauen. Sollte dies der Wahrheit entsprechen, hätte ein Präventivschlag keine Begründung. Auch nur begrenzte Angriffe Israels könnten fatale Folgen haben: Terrorangriffe, die Schließung der Straße von Hormuz, Angriffe auf US-Schiffe, Beteiligung von Rußland, China und anderer arabischer Staaten in den bewaffneten Konflikt sowie ein immenser Anstieg des Ölpreises, der eine Schwächung der Weltwirtschaft nach sich ziehen würde. Auf der anderen Seite bereiten die aktuellen Sanktionen dem Mullah Regime große finanzielle Beschwerden. Die Proteste in der arabischen Welt könnten möglicherweise auch auf den Iran übergreifen und eine neue Regierung könnte das Atomprogramm einstellen. Vetter fordert somit Geduld und Beharrlichkeit von der internationalen Gemeinschaft.

Auf dem Middle East Policy Blog fragt Michael Pharos, wie real die Ängste vor einem atombewaffneten Iran sind und ob sie als Kriegsrechtfertigung ausreichen. Es sei das Ziel von Regimen, sich selbst zu erhalten und sich zu schützen. Am Beispiel Nordkorea führt er an, dass nuklearbewaffnete Staaten nahezu immun gegen Angriffe sind. Ein Erstschlag auf Israel wiederum würde eine Vergeltung nach sich ziehen, die verheerend für die Islamische Republik wäre. Auch Indien und Pakistan, jahrelange Kontrahenten, hätten keinen atomaren Konflikt ausgetragen, nachdem sie sich außerhalb internationaler Kontrollinstanzen nuklear aufgerüstet haben. Der Fall Nordkorea zeige auch, dass Nicht-Kooperation mit der Internationalen Gemeinschaft zu Isolation führt. Pharos schließt somit, dass es zwar zu keinem nuklearen Wettrüsten in der Region kommen sollte, aber man sich überlegen müsse, ob ein nuklear bewaffneter Iran im Verhältnis zu den Opfern eines Krieges stehen würde. Zudem habe der arabische Frühling gezeigt, dass autoritäre Systeme auch von innen heraus erfolgreich gestürzt werden können.

Akademie Integra bat um Unterstützung für die schriftliche Forderung der „ Kooperation für Frieden “ Sanktionen und Kriegsdrohungen sofort zu beenden. Nach Aussage der Verfasser leide insbesondere das iranische Volk unter den Sanktionen und die Rhetorik des Westens biete dem iranischen Regime eine Rechtfertigung für ihr Verhalten. Sie lasse der Opposition im Iran momentan keine Chance sich durchzusetzen. Das Dokument richtet entsprechende Forderungen an Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel. Obama solle einen Nichtangriffspakt im Gegenzug für eine Kontrolle des Nuklearprogramms anbieten. Merkel wiederum solle sich deutlich gegen eine deutsche Beteiligung an einem möglichen Krieg aussprechen. Zudem solle sie die von der NVV Überprüfungskonferenz 2010 versprochene Konferenz für eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Mittleren und Nahen Osten unter Führung der Vereinten Nationen unterstützen.

2 Kommentare

  1. Clemens Wergin Says:

    Da hat wohl jemand meinen Blogeintrag nicht recht verstanden. Ich habe nicht geschrieben, dass die US-Geheimdienste an der nuklearen Aufrüstung Irans zweifeln, was angesichts der öffentlich zugänglichen Informationen über das iranische Vorangehen bei der Hochanreicherung von Uran auch seltsam wäre. Ich habe nur geschrieben, dass sie wie die meisten Experten daran zweifeln, dass die iranische Führung den Befehl zum „break out“ schon gegeben hat. Und dass es einen Dissenz mit europäischen Diensten darüber gibt, ob Iran die Forschung am Sprengkopfdesign 2003 gänzlich aufgegeben hat oder nicht…

  2. Theresia Says:

    Vielen Dank für den Hinweis! Die Aussagen haben sich wirklich widersprochen. Das war eine unachtsame Formulierung. Es wurde gerade geändert.






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