Abseits der eurozentrischen Sicherheitspolitik: Indien und Brasilien

Kai Schoenfeld │ 27. Februar 2012



Indiens und Brasiliens Kooperation veranschaulicht hervorragend die geostrategische Emanzipation  neuer Gestaltungsmächte. Diese Auswirkungen der Globalisierung muss Deutschland stärker beobachten. Daher hier ein Blick über Europa hinaus.

Wie genau sich Globalisierung auf sicherheitspolitischer Ebene vollziehen kann, haben jüngst die beiden Gestaltungsmächte (neuer Terminus deutscher Außenpolitik) Brasilien und Indien gezeigt. Der brasilianische Verteidigungsminister Celso Amorim reiste nach Indien, um dort mit seinem indischen Amtskollegen sowie mit hohen Militärs und offizielle Gespräche über die bilaterale verteidigungspolitische Zusammenarbeit zu führen.

Die Beratungen sollen, so machte Amorim in einem Interview mit The Times of India deutlich, Vorarbeit für ein Treffen der Präsidenten im Vorfeld des BRIC-Gipfels Ende März leisten.

“We believe in India-Brazil strategic partnership and further reinforcing defence ties. The basic purpose of these meetings was to ensure that whatever we agree on could be fed into the president’s visit.”

Neben der bisherigen Partnerschaft in der Flugzeugentwicklung soll die Zusammenarbeit der beiden Länder auf diverse weitere Bereiche der Waffenentwicklung und Ausbildung ausgedehnt werden. Zwar hätten Indien und Brasilien verschiedene regionale, geostrategische Gegebenheiten, jedoch seien die angestrebten Positionen in einer multipolaren, globalisierten Welt ähnlich.

 We’d like to collaborate in aircraft manufacturing, naval construction, cyber defence, etc. For example, you’re building six Scorpene submarines, we’re building five – it’s good to exchange notes on problems and experiences. We’d also like to increase training exchanges… we can cooperate in peacekeeping activities – both of us have centres studying the issue, they could cooperate. […] We have different regional issues but we have common views on a multipolar world, UNSC expansion, etc.”

Was Europa und NATO direkt betrifft: Angesammelte Informationen über geplante Waffenkäufe sollen zwischen den beiden Staaten ausgetauscht werden. Dies könnte positive wie negative Auswirkungen auf die Auftragsbücher unserer Rüstungsindustrie nach sich ziehen.

Geographische Distanzen verlieren allgemeinhin an Bedeutung, so auch in militär- und sicherheitspolitischen Kooperationen. Die Zusammenarbeit Indiens und Brasiliens zeigt auf, dass sich aufstrebende Staaten global positionieren und sich von den technologisch einst bestimmenden Rüstungsexporteuren in den USA, Europa oder Russland emanzipieren. Noch kaufen BRIC-Staaten, wie beispielsweise Indien in Frankreich und dem Vereinigten Königreich, hochtechnologische Waffensysteme ein, jedoch wird eine eigene technologische Waffenentwicklung mittelfristig angestrebt. China ist dort als Vorreiter zu nennen.

Kai Schönfeld ist Offizier der Deutschen Marine.  Am 17. Februar starte er sein Blog Sicherheit vernetzt offiziell. Schönfeld lebt in Hamburg und studiert dort Geschichtswissenschaft und Soziologie. Dieser Artikel erschien am 22. Februar auf seinem Blog.

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