Außenminister Westerwelle in den USA

Redaktion │ 25. Januar 2012



Außenminister Westerwelle war letzte Woche für einen zweitägigen Besuch in den USA. Dort traf er sich mit der US Außenministerin Hillary Clinton, Finanzminister Timothy Geithner und der Chefin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde. Zudem hielt er eine Rede bei der Brookings Institution, einer der größten Denkfabriken Amerikas. Alles in allem war die Reise des deutschen Außenministers die im Ausland langersehnte Präsentation der künftigen deutschen Europapolitik und -vision.

Das Treffen mit Hillary Clinton konzentrierte sich insbesondere auf die Lage in Syrien und den Iran als auch auf den Arabischen Frühling. Westerwelle kündigte schärfere EU Sanktionen gegenüber Teheran an, die dann auch diesen Montag von den EU Außenministern beschlossen wurden. Es wurde aber auch über den im Mai anstehenden NATO Gipfel in Chicago gesprochen. Die Gespräche mit Finanzminister Timothy Geithner und IWF Chefin Christine Lagarde thematisierten die Euro-Krise und Deutschlands Rolle diese zu lösen.

In seiner Grundsatzrede vor der Brookings Institution sprach Westerwelle dann auch vor breiterem Publikum über die Krise, den deutschen Aktionsplan und der Wahrnehmung Europas in den USA. Dafür adressierte er vier Fragen bezüglich der Beschaffenheit der Krise, was erreicht werden solle, Deutschlands Rolle dabei und wie die USA davon profitieren werden. Hinsichtlich der Natur der Krise verteidigte er zum einen den Euro und legt zum anderen Gründe für das schwindende Vertrauen der Finanzmärkte vor. Als Ziel markierte er eine Strukturreform in der EU sowie in den Mitgliedstaaten, um nachhaltiges Wachstum ohne anhaltende Verschuldung zu erreichen. Insgesamt bekräftigte Westerwelle damit das Bekenntnis Deutschlands  zu Europa und dem Euro. „The answer to the current crisis has to be more Europe, not less Europe„. Damit schloß er einen Alleingang Deutschlands als auch eine mögliche Disintegration der Eurozone nachdrücklich aus und veranschaulichte die deutsche Position bezüglich der EU Integration.

Mit Blick auf die strategische Partnerschaft mit den USA betonte der Außenminister die gemeinsamen Werte und zitierte US Vizepräsident Joe Biden: „In sharing ideals and searching for partners in a more complex world, Americans and Europeans still look to one another before they look to anyone else.“ In diesem Zusammenhang nennt er u.a. die gemeinsamen Herausforderungen in Afghanistan, Iran, Syrien, der NATO und dem Nahost-Konflikt. Die USA und Europa müssten auch in Zukunft eng zusammenarbeiten und der Kern eines „erweiterten Westens“ sein, um globale Herausforderungen meistern.

Westerwelle ging auch auf die Vorwürfe eines „sozialistisches“ Europa ein, welche während der republikanischen Vorwahlen laut wurden.  Er führte an, dass der Sozialismus nicht nur schon seit 20 Jahren mit Hilfe der USA überkommen worden sei, sondern dass europäische Unternehmen und Volkswirtschaften immer noch zu den weltweit wettbewerbfähigsten gehören würden.

Der Vorwurf eines sozialistischen Europa wurde auch in dem Interview mit Trish Regan von Bloomberg thematisiert. Auf die Frage, ob das sozialistische Wirtschaftssystem, wie es in Spanien oder Frankreich zu beobachten sei, angesichts der Krise versagt habe, erwähnte der Außenminister wie schon bei der Brookings Institution, dass Sozialismus seit 20 Jahren keine Realität in Europa mehr sei. Dagegen antwortet er auf die Frage, ob Kapitalismus der richtige Weg sei, dass er an die soziale Marktwirtschaft Deutschlands glaube. Zu der Möglichkeit und den Konsequenzen eines Ausschlusses Griechenlands aus der Krise wollte sich der deutsche Außenminister nicht äußern. Er betonte hingegen die Notwendigkeit der europäischen Solidarität und einer „firewall“, so dass weitere Angriffe der Märkte abgewehrt werden und die Krise gemeinsam überwunden werden könne. Laut Trish Regan blicke die Welt derzeit auf Deutschland und erwarte, dass es die Krise löse und fiskale Verantwortung zeige. Die Frage, die sich allerdings viele stellen würden, sei wie Wachstum ohne Verschuldung angestoßen werden könne. Es scheint als müsste Deutschland nun zeigen, wie es mit vermehrten Sparmaßnahmen mehr Wachstum fördern will in der EU.

Trotzallem, insgesamt fand der Besuch des deutschen Außenministers und seine Grundsatzrede kaum Widerhall in der amerikanischen Presse. Neben sehr kurzen Meldungen über die anvisierten Iran-Sanktionen, Westerwelles Bekenntnis zu Solidarität zum Euro und seine Entgegnungen zu den amerikanischen Sozialismus Vorwürfen sucht man vergeblich nach eingehenden Kommentaren über die Themen des Besuchs. Nur Don Lee von der LA Times stellt Deutschland in den Mittelpunkt seines Artikels. Ungeachtet der Aussagen, ob Europa nun als sozialistisch empfunden wird oder nicht,  Don Lee befindet, dass Deutschland eine ökonomische Stärke besitzt wie sie die USA das letzte Mal vor Jahren hatte. Anhand eines ganz normalen Ehepaars, deren Beschäftigungsverhältnissen, Einkünften, Urlaube und Konsumverhaltens erklärt er die ökonomische Realität in Deutschland, welche im Vergleich zu der amerikanischen mit weniger Arbeitszeit und geringerem Einkommen eine höhere Lebensqualität bietet. Verschiedenste Arbeitsmarktreformen und die deutsche Lebensart machen dies unter anderem möglich. Der Artikel liest sich nüchtern informativ und ist nach den Bemerkungen der Republikanischen Präsidentschaftskandidaten Balsam auf der deutschen Seele.

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